NOTIZBUCH

NOTIZBUCH

Im Juni 2025 haben wir uns einem Handwerk gewidmet, das im Alltag unserer Arbeit in den Schulprojekten und in der Jugendsozialarbeit selten Raum findet: Zwei Tage lang haben wir ein handgebundenes Notizbuch hergestellt – von der Pulpe über das Buchcover aus Holz bis zur Bindung mit Nadel und Faden.

Kein Projekt mit Deadline, kein Format mit klarem Zweck. Sondern die bewusste Entscheidung, uns Zeit zu nehmen: Für Material, Handwerk, Gestaltung.

Papierherstellung

Zunächst ging es um die Herstellung der Papiere – und vor allem um das Verständnis für Material, Technik und Prozess.

  • Wir arbeiteten mit einer Mischung aus Hanf- und Baumwollfasern. Baumwolle bringt Weichheit und eine feine Struktur, Hanf sorgt für Festigkeit. Wichtig ist ein ausgewogenes Verhältnis von lang- und kurzfaserigem Material: Zu viele lange Fasern machen das Papier zäh und klumpig, zu viele kurze lassen es bröseln oder reißen. Nur wenn beides zusammenkommt, entsteht ein gleichmäßiger, strapazierfähiger Bogen.

  • Die Fasern wurden vorab in Wasser eingeweicht, zerkleinert und gemixt – je nach Mischverhältnis entstanden so verschiedene Papiercharaktere. Anschließend wurde die Pulpe auf mehrere Becken verteilt.

  • Mit einem Schöpfrahmen – bestehend aus einem Holzrahmen mit Sieb – wurde das Papierblatt aus dem Wasser „geschöpft“. Dabei kommt es auf Präzision an: Das Sieb muss waagerecht bleiben, gleichmäßig eintauchen und ruhig, aber zügig aus dem Wasser gehoben werden. Zu langsam – und die Fasern setzen sich zu stark; zu schnell – und das Blatt wird unregelmäßig.

  • Die nassen Bögen wurden auf Filz abgezogen, sorgfältig gestapelt und zwischen Holzplatten gepresst – mithilfe zahlreicher Schraubzwingen. Nach dem Pressen wurden die Bögen zum Lufttrocknen aufgehängt – mindestens 24 Stunden.

Zwei Techniken

Einschöpfen: Blüten und filigrane Blätter wurden direkt ins nasse Pulpebecken gelegt, sodass sie mit dem Papier verbunden wurden. Dabei entstehen fragile, mal transparente, mal farbintensive Einbettungen.

Auflegen (Prägedruck): Auf andere Bögen wurden strukturierte Blätter nach dem Schöpfen aufgelegt. Beim Trocknen pressten sie sich ins Papier ein und hinterließen sichtbare Reliefs – ganz ohne Farbe.

Das Buchcover

Zeitgleich bereiteten wir die Buchdeckel vor. Hierfür wurde Holz vermessen, zugeschnitten, gebohrt und geschliffen – jeweils angepasst an das spätere Format und die Bindetechnik.
Abschließend wurden die Flächen geölt, um Maserung und Farbe herauszuarbeiten, und zum Trocknen ausgelegt. So entstanden individuelle, schlichte Cover – roh, aber präzise.

Belgische Blockbindung

Der abschließende Schritt war das Buchbinden.
Zum Einsatz kam die Belgische Blockbindung – eine Bindetechnik, bei der Faden und Knoten außen sichtbar bleiben. Sie ist stabil, erfordert keine Klebung und lässt sich flach aufschlagen – ideal für Notizbücher.

Der Ablauf:

  • Auswahl und Sortierung der getrockneten Papiere

  • Falten und Schneiden der einzelnen Lagen

  • Abmessen, Anzeichnen und Vorbohren der Löcher

  • Einfädeln mit Nadel und Wachsfaden: Erst wird das Papier geheftet, dann die Deckel befestigt

Die belgische Bindung erfordert Genauigkeit, vor allem beim Setzen der Löcher – sonst sitzt der Block schief. Gleichzeitig erlaubt sie kleine Unregelmäßigkeiten im Material – perfekt für handgeschöpftes Papier.

Warum wir das zeigen

Weil wir regelmäßig neue Gewerke in unsere Arbeit mit jungen Menschen, in Schulen und im sozialen Raum, einbringen und unsere Fähigkeiten verfeinern wollen.

Im Labor nehmen wir uns Zeit für solche Prozesse. Um zu lernen. Um Materialien besser zu verstehen. Um mit der eigenen Praxis zu experimentieren.